Wir wollten nichts. wir wollten alles – Sanne Munk Jensen, Glenn Ringtved

wirwolltennichtswirwolltenalles

Oetinger Verlag
Gebundene Ausgabe
ca. 336 Seiten
16,99 Euro
Januar 2015
Originaltitel: Dig og mig ved daggry
ISBN: 978-3789139208
Bestellen bei Amazon.de

Inhalt

(lt. amazon.de):

Lässt nicht los: Liebe, die absoluter nicht sein kann. Zwei Leichen werden aus dem Limfjord gezogen: Liam und Louise. Ihre Hände sind mit Handschellen aneinandergekettet. Alle Indizien weisen auf Selbstmord hin. Louises Eltern zerbrechen fast am Tod ihrer Tochter, doch ihr Vater klammert sich daran, die Wahrheit herauszufinden. Als er Louises Tagebuch findet, eröffnet sich ihm das Leben, das seine Tochter und Liam in den vergangenen Monaten geführt haben. Ein Roman, der unter die Haut geht: gewaltig und voller Sehnsucht mit einer Heldin voller Hingabe und einem Protagonist voller Widersprüche. In der Tradition der großen skandinavischen Autoren.

Gewähltes Zitat

Liam konnte es beschreiben, dass man es geradezu vor sich sah. Glenbeigh wurde fast zu unserem ganz eigenen Nangijala. Also, für Lebende. Allerdings glaubte am Ende keiner von uns beiden mehr daran. Auch Liam nicht. Ich hörte es an der Art, wie er den Namen aussprach. Als wäre die Melodie aus dem Wort verschwunden.

(S. 83)

Meine Meinung

Louise ist total verliebt in Liam. Sie würde nicht nur alles für ihn tun, sie tut es auch. Eigentlich kommt sie aus gutem Hause, aber aus Liebe zu ihrem Freund gibt sie alles auf. Ihr sicheres zu Hause, ihre Schulbildung, ihre beste Freundin, bis hin zu sich selbst. Sie glaubt Liam alles, macht alles mit, bis sie mit ihm zusammen in so großen Problemen stecken, dass sie nur noch den einen Ausweg im Selbstmord sehen …

Recht ungewöhnlich für ein Jugendbuch, gibt es in diesem Buch keine Kapiteleinteilung. Die gesamte Geschichte ist lediglich in zwei große Abschnitte unterteilt, Kapitel gibt es allerdings nicht, was mich tatsächlich ein wenig gestört hat, weil ich persönlich gerne immer bei solchen eine Lesepause einlege.
Was ich an diesem Jugendbuch auch noch besonders interessant fand, das war, dass viele englische Sätze dabei waren und auch ohne Übersetzung stehen gelassen wurde. Hintergrund dafür ist, dass eine der Figuren eigentlich Ire ist, der mit seinen Söhnen zum größten Teil Englisch spricht. Das gefiel mir tatsächlich recht gut, denn das Englisch war recht einfach, also auch für Jugendliche zu verstehen, die die ersten Jahre Englischunterricht hinter sich haben.

Die Geschichte fängt wirklich gut an. Zwei Leichen werden gefunden. Liam und Louise, aneinander gekettet, zusammen in den Tod gesprungen. Sie hinterlassen ihre unterschiedlichen Familien und man fragt sich unwillkürlich was da wohl hinter stecken mag. Wir begleiten Louise, die diese Geschichte erzählt, durch die Zeit nach ihrem Tod, denn als unscheinbarer Geist ist sie immer bei den Hinterbliebenen und beobachtet ihre Versuche das Geschehene zu verarbeiten und zu verstehen, was überhaupt passiert ist. So bekommen wir nicht nur ein umfassendes Bild, sondern erfahren nach und nach auch noch aus erster Hand was tatsächlich geschehen ist, wie es dazu kam, dass sich die zwei Teenager, die ihr ganzes Leben noch vor sich gehabt hätten, den Tod gewählt haben.

Zunächst fand ich es ein wenig ungewöhnlich, dass die Geschichte aus der Sicht der toten Louise erzählt wird, die immer überall dabei ist, obwohl niemand sie sehen oder erahnen kann. Trotz dieser Tatsache ist die Geschichte aber überhaupt nicht fantastisch oder weniger realistisch. Im Gegenteil, sie kommt so hart und realitätsnah rüber, dass mich die Stimmung beim Lesen sehr angegriffen und selbst sehr betroffen gemacht hat.
Den Autoren ist es hier wirklich außerordentlich gut gelungen die Not der Jugendlichen zu beschreiben, die Ausweglosigkeit, die sie verspürt haben und die ausweglose Liebe und Abhängigkeit voneinander. Auch konnte ich in Ansätzen nachvollziehen, warum sich Louise bis zur Selbstaufgabe hat treiben lassen, immer Liam hinterher.
Aber auch die Gefühlswelt der Hinterbliebenen, der Eltern und Freundin von Louise und dem Vater und Bruder von Liam konnte ich gut nachvollziehen. Sie alle gingen sehr unterschiedlich mit ihrer Trauer um, verarbeiteten die Geschehnisse auf ganz unterschiedliche Art und Weise und obwohl ich nicht alle Handlungen wirklich gut fand, konnte ich aber tatsächlich alles nachvollziehen was geschehen musste. Das fand ich nicht selbstverständlich, immerhin handelte es sich hier um einige Figuren und jeder wirklich gerecht zu werden ist eine hervorragende Leistung.

Was mir in diesem Buch nicht so wirklich gefallen hat, das war, wie hier die Tat dargestellt wurde. Ich meine den Suizid, der zumindest bei mir so rüber kam, als wäre es tatsächlich das einzig richtige gewesen und der einzige Ausweg der blieb. Als wäre alles so vorbestimmt und okay.
Allerdings fand ich sehr gut dargestellt, wie sich Wahrnehmung durch Einnahme von Drogen verzerren kann, wie man unter diesem Einfluss Dinge tut, die man sonst nie getan hätte.

Fazit

Insgesamt konnte mich Wir wollten alles. Wir wollten nichts nur in Auszügen begeistern. Die Umsetzung ist hervorragend, absolut überzeugend. Die Geschichte selbst war weniger spannend als erhofft und für mich auch ein wenig zu aussagelos, nicht nachhaltig genug, was ich schade fand, denn ich finde schon, dass sie auch das Potential dazu gehabt hätte. Von mir gibt es dafür hier so eben noch vier Sterne!

Meine Wertung

RegenbogenRegenbogenRegenbogenRegenbogen

Specials

Wir wollten nichts. Wir wollten alles – Sanne Munk Jensen, Glenn Ringtved

Das wirst du bereuen – Amanda Maciel

daswirstdubereuen

Boje Verlag
Gebundene Ausgabe
ca. 304 Seiten
14,99 Euro
Juli 2014
Originaltitel: Tease
ISBN: 978-3414824066
Bestellen bei Amazon.de

Inhalt

(lt. amazon.de):

Alle Welt denkt, dass Emma Putnam sich umgebracht hat, weil wir sie Schlampe genannt haben ? und nicht weil sie eine Schlampe war. Echt klasse. Sara und ihre beste Freundin Brielle müssen sich vor Gericht verantworten ? angeklagt, ihre Mitschülerin Emma gemobbt und in den Tod getrieben zu haben. Dabei war es doch Emma, die sich an Saras Freund Dylan rangemacht hat. Ein kleiner Denkzettel über Facebook muss da schon drin sein, finden die Freundinnen. Doch dann verselbstständigen sich die Dinge und plötzlich ist Emma tot ? Ein Roman, der einen so schnell nicht mehr loslässt…

Gewähltes Zitat

»Glaub mir, wir haben alle schon Dinge getan, die wir hinterher bereuen. Wenn es etwas gibt, das du gerne ungeschehen machen würdest« – wieder wedelt sie in Richtung Papier und Stift –, »ist das hier eine sehr gute Gelegenheit, es zu tun. Damit du dir später nicht auch noch vorwerfen musst, dass du geschwiegen hast.«
Wie ferngesteuert ziehen meine Hände die Kappe vom Stift und legen den Notizblock richtig herum auf meine Knie. Ich sehe irgendwie nur zu. Mein Mund ist trocken, mein Magen ist verkrampft, mein Leben ist vorbei, mein Herz ist gebrochen.
Ich fange an zu schreiben.

(S. 200) 

Meine Meinung

Sara und ihre beste Freundin Brielle werden in Kürze vor Gericht stehen. Ihnen wird vorgeworfen am Tod ihrer Mitschülerin Emma Schuld zu sein. Im Raum stehen schwere Mobbing Vorwürfe. Was hat sich in der Clique genau zugetragen? Und wer trägt hier tatsächlich die Schuld?

Ich war sehr gespannt auf diesen Roman, denn das Thema hörte sich zunächst einmal spannend an und dann ist es ja immer noch recht aktuell, denn Mobbing gibt es heutzutage ja leider zu Hauf und dass Jugendliche diese Last oftmals nicht mehr ertragen können, die da auf ihnen lastet ist auch keine große Seltenheit, auch wenn sich natürlich nicht jeder sofort umbringt.

Dieses Buch greift dieses Thema auf interessante Art und Weise auf, nämlich aus Sicht der Täterin. Wir erleben hier aus der Perspektive von Sara, was sich gerade zuträgt, denn das Buch beginnt kurz vor der Gerichtsverhandlung. In Rückblenden erleben wir mit, was sich zuvor abgespielt hat und wie es dazu kam. Die Zeitebenen ändern sich also ständig, die Perspektive bleibt jedoch gleich.

Zu Beginn konnte ich keine große Sympathie für irgendeinen Protagonisten empfinden. Sara wurde viel zu egoistisch und selbstverliebt dargestellt. Zu anbiedernd, allerdings nur bei ihrer schönen und reichen Freundin. Sie schien einfach nur eine Mitläuferin zu sein. Das änderte sich auch nur seeeeehr langsam, erst ziemlich spät, fast schon zum Ende des Buches, bekam ich einen etwas besseren Zugang zu Sara. Ihrer besten Freundin Brielle konnte ich allerdings die gesamte Geschichte über überhaupt nichts abgewinnen. Ich habe nicht wirklich verstanden, wieso Sara überhaupt mit einer solchen Person befreundet war oder sein wollte. Generell hatte ich teils den Eindruck, dass alle Protagonisten einfach nur reagierten, weil der Autorin gerade eine solche Handlung in den Sinn kam, nicht aber, weil es zur jeweiligen Figur passte. So blieben einfach nahezu alle Figuren einfach nur sehr blass und undurchschaubar. Das hat natürlich nicht dazu beigetragen, dass die Geschichte irgendwie fesseln konnte oder gar nachvollziehbar war. Das meiste kam irgendwie recht willkürlich rüber.
Einzig Sara konnte ich nach und nach ein wenig besser verstehen und nachvollziehen, wenn ich auch nahezu all ihre Handlungen recht überzogen fand. Es passte irgendwie nicht so recht zu ihrer sonstigen Mitläufer-Nummer.

Durch die ständigen Zeitwechsel konnte aber doch ein wenig Spannung gehalten werden. Man wollte schon wissen, was am Ende denn so schlimmes geschehen war, dass Emma Suizid beging. Die Auflösung fand ich dann auch wenig überzeugend und kann das eigentlich nur akzeptieren, wenn vorher schon eine Erkrankung oder sonst etwas bei Emma vorgelegen hätte. Hat es ja vielleicht auch, ein paar Hinweise dazu existierten ja, aber da man die gesamte Geschichte ja wirklich nur aus Saras egoistischer Sicht mit verfolgen konnte, blieben auch Emmas Beweggründe eher im Dunkeln.  

Fazit

Insgesamt hat mir das Buch also schon Spaß gemacht, auch wenn ich es am Ende nicht gut und leider auch nicht überzeugend fand. So vergebe ich hier drei mittelmäßige Sterne. Das Buch war teils ganz nett, aber es hat halt doch das gewisse Etwas gefehlt. Schade, denn Potential war auf jeden Fall vorhanden, die Ausarbeitung hat mir allerdings nicht zugesagt.

Meine Wertung

RegenbogenRegenbogenRegenbogen

Es wird keine Helden geben – Anna Seidl

eswirdkeineheldengeben

Oetinger Verlag
Gebundene Ausgabe
ca. 256 Seiten
14,95 Euro
Januar 2014
ISBN: 978-3789147463
Bestellen bei Amazon.de

Inhalt (lt. amazon.de):
Berührend, fesselnd, unfassbar: Wenn nichts mehr ist, wie es war. Kurz, nachdem es zur Pause geläutet hat, hört Miriam einen Schuss. Zunächst versteht niemand, was eigentlich passiert ist, aber dann herrschen Chaos und nackte Angst. Matias, ein Schüler aus ihrer Parallelklasse, schießt um sich. Auch Miriams Freund Tobi wird tödlich getroffen. Miriam überlebt – aber sie fragt sich, ob das Leben ohne Tobi und mit den ständig wiederkehrenden Albträumen überhaupt noch einen Sinn hat. Waren sie und ihre Mitschüler Schuld an der Katastrophe? Das großartige Debüt von Anna Seidl, die erst 16 Jahre alt war, als sie diese aufwühlende Geschichte geschrieben hat: eine intensive Auseinandersetzung mit den Folgen eines Amoklaufs für die Überlebenden, mit Schuld und Trauer, schonungslos erzählt.

Zitat:
Manchmal müssen wir einsehen, dass wir nicht perfekt sind. Dass nicht immer alles perfekt laufen kann. Und vielleicht ist das okay. Vielleicht müssen wir nicht immer perfekt funktionieren wie Maschinen, um das perfekte Leben führen zu können. Vielleicht sind es ja genau diese kleinen Fehler, die das Leben lebenswert machen.   
(S. 200)

Kommentar:
Als der Schuss ertönt, wissen die Schüler gar nicht wie ihnen geschieht. Auch Miriam versteht zunächst nicht, dass es sich um einen Amoklauf an ihrer eigenen Schule handelt, aber so ist es: ein Mitschüler schießt um sich. Er erwischt auch Miriams Freund und sie kann nicht helfen. Hilft nicht. Denn Miriam hat Angst. So wie alle anderen …

In “Es wird keine Helden geben” geht es um ein sehr ernstes und aktuelles Thema. Es geht um Amokläufe an Schulen. Ein Thema, das für die meisten irgendwie weit weg ist, weil sie noch nie damit in Berührung bekommen sind, außer durch die Medien. Aber was passiert, wenn man schließlich doch mittendrin ist? Wie verhält man sich dann?
Anna Seidl greift diese Thematik in diesem Buch auf und schildert gerade zu Beginn des Buches sehr überzeugend, wie sich die Protagonistin Miriam fühlt, als sie sich schließlich einer solchen Situation gegenüber sieht. Gerade diesen Anfang fand ich besonders stark, denn – wie der Titel schon sagt – geht es hier nicht um Helden und heldenhafte Taten, sondern einfach um Gefühle und Angst, die in solchen Situationen einfach Überhand nehmen müssen. Hier konnte mich Anna Seidl voll überzeugen und mitreißen, von diesem Einstieg war ich wirklich gleichermaßen gefesselt wie berührt.

Zugegeben hat diese Faszination im Laufe der Geschichte ein wenig nachgelassen. Stark fand ich zwischendrin immer wieder die Gedanken, die Miriam sich über das Leben macht und teils auch ihre Versuche, wieder ins Leben zurück zu finden. Allerdings war es mir an einigen Stellen dann doch etwas übertrieben, vor allem in Hinblick darauf,  dass es in weiteren Szenen dann wieder zu locker und leicht rüber kam.
Interessant fand ich innerhalb der Geschichte auch, die unterschiedlichen Ansätze, wie Miriam und ihre Mitschüler wieder versucht haben in den Alltag zurück zu finden und wie es ihnen gelungen ist oder auch nicht. Hier gab es ebenfalls einige erschütternde Momente, die ebenfalls sehr zum Nachdenken anregen konnten.
Insgesamt fand ich die Geschichte also recht gut, allerdings mit einigen Schwächen im zur Mitte und zum Ende hin.

Den Schreibstil der jungen Autorin fand ich überraschend gut. Anna Seidl schreibt gut auf den Punkt gebracht, schnörkel- aber trotzdem auch lückenlos.
Mir hat dieses Debüt wirklich sehr gut gefallen und auch mit den kleineren Schwächen hat es gerade wegen der Thematik und des mitreißenden Einstiegs viel Potential zu DER Lektüre zum Thema überhaupt zu werden!

 

Meine Wertung:
RegenbogenRegenbogenRegenbogenRegenbogen


ewkhg_banner

Am Donnerstag wird es im Rahmen der großen Blogger-Aktion hier bei mir einen kleinen Beitrag geben, in dem ich mir ein paar Gedanken über den Titel “Es wird keine Helden geben” mache und dazu auch die Autorin befragen durfte. Am Freitag startet dann das Gewinnspiel dazu! Reinsehen lohnt sich also!

Und wer bis dahin nicht warten möchte, der sollte sich bei LovelyBooks.de für die Leserunde bewerben! *Klick*
Viel Erfolg!