Ein Jahr voller Wunder – Karen Thompson Walker

einjahrvollerwunder

btb Verlag
Gebundene Ausgabe
ca. 320 Seiten
19,99 Euro
Mai 2013
Originaltitel: The Age of Miracles
ISBN: 3442753635
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Inhalt (lt. amazon.de):
Der internationale Bestsellererfolg
Das kalifornische Ehepaar Joel und Helen sitzt mit seiner Tochter Julia gerade am Frühstückstisch, als die Neuigkeit über sie hereinbricht: Die Erdrotation verlangsamt sich spürbar. Und auf einmal ist alles anders. Als sich Julia Hals über Kopf zum ersten Mal verliebt. Und Julias Vater mit dem Gedanken spielt, seine Frau für Julias Klavierlehrerin zu verlassen, die sich nicht von der allgemeinen Panik anstecken lässt. Und Julias Mutter gegen ihre Depressionen ankämpft. Was geschieht mit einer Familie, wenn sich plötzlich das Gefüge um sie herum verschiebt? Was könnte verhängnisvoller sein als der Zerfall einer Ehe? Was bewegender als die Gefühle eines verunsicherten Teenagers? Denn selbst wenn die Erde, wie manche voraussagen, vor ihrem Ende steht – das Leben muss doch weitergehen …

Zitat:
Es waren chaotische, improvisierte Tage.
Jeden Morgen verkündeten die offiziellen Stellen die über Nacht gewonnenen Minuten, wie Regentropfen, die in Töpfen aufgefangen werden. Die Mengen schwankten wild, und wir wussten nie, womit wir zu rechnen hatten.
(S. 85)

Kommentar:
Als eines Morgens in den Nachrichten die Neuigkeit verkündet wird, dass die Erdrotation abnimmt, die Erde sich also langsamer dreht, scheint nicht nur in Julias Leben noch alles normal. Zunächst hat diese Verlangsamung auch kaum Auswirkungen, aber schon bald ist klar, dass sich alles ändern wird. Die Tage und Nächte werden länger, die Pole verschieben sich, das Klima ändert sich. Und das sind nur die offensichtlichsten Veränderungen. Die Spätfolgen kann noch niemand so genau abschätzen. Die ganze Welt ändert sich, nicht nur Julias Leben. Alles wird anders…

„Ein Jahr voller Wunder“ ist ein ruhiger, unaufgeregter Roman, der eine phantastische, beinahe schon apokalyptische Geschichte erzählt. Die Geschichte wird aus der Sicht der kleinen Julia erzählt. Dadurch, dass Julia selbst noch recht jung ist, bekommen wir alle ihre Sorgen und die Änderungen aus der eingeschränkten Sicht eines Kindes mit. Das ist zwar immer noch recht viel, aber die wissenschaftliche Seite bleibt nahezu vollkommen aus, ebenso wie die große politische Seite. Nur einige Anspielungen auf die daraus resultierenden gesellschaftlichen Zustände bekommt der Leser durch Julia vermittelt. Das reicht aber schon um seine eigene Fantasie spielen zu lassen, was ich in diesem Fall und bei diesem Roman viel, viel spannender fand, als alles haarklein vorgekaut zu bekommen. Es blieb sehr viel Platz für eigene Gedanken und Überlegungen. Das hat mir richtig gut gefallen und so habe ich die Lektüre auch genossen, gerade weil die Geschichte sehr gemächlich fortschritt.

Wie bereits erwähnt wird die Geschichte aus der Sicht von Julia erzählt. Julia ist eine sehr sympathische Figur. Ein wenig naiv, mit den normalen Wünschen und Ängsten eines vorpubertären Teenagers, und mit den ungewöhnlichen Ängsten, die sich Julia durch diese Katastrophe stellen muss. Ein normales Heranwachsen, wie wir es kennen ist für Julia nicht mehr möglich, aber das Leben geht trotzdem weiter.
Julia beschreibt die Geschichte auch aus der Sicht ihres älteren Ichs, was man vor allem daran merkt, dass es ständig Aussagen gibt, wie „es war das letzte Mal, dass …, aber damals wussten wir es noch nicht“. Das hat die Spannung der Geschichte dann doch immer ein wenig erhöht, denn so wollte man doch wissen, wie es denn nun ausgehen würde, ob sich nicht vielleicht doch das erwartete Wunder einstellen würde.

Das Ende des Buches war dann doch wie erwartet, ohne hier zu viel verraten zu wollen, habe ich mich die gesamte Lesezeit gefragt, wie die Geschichte wohl enden könnte. Für mich war dies ein recht befriedigendes Ende, weil es wieder viel Raum für die eigene Vorstellung bot.

Trotz der allgemeinen melancholischen Stimmung, die dieses Buch überwiegend transportiert hat, habe ich dieses Buch so richtig genossen und war irgendwie schon ein wenig traurig, als ich dann am Ende angelangt war. Von mir bekommt dieses Buch sehr, sehr gute vier Sterne, eher mit der Tendenz zum fünften!


Meine Wertung:
RegenbogenRegenbogenRegenbogenRegenbogen

Und dennoch ist es Liebe – Jodi Picoult

unddennochistesliebe

Bastei Lübbe Verlag
Taschenbuch Ausgabe
ca. 624 Seiten
9,99 Euro
Januar 2013
Originaltitel: Harvesting the Heart
ISBN: 3404164202
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Inhalt (lt. amazon.de):
Als Page den Medizinstudenten Nicholas kennenlernt, ist es die ganz große Liebe. Die junge Frau fühlt sich endlich angenommen und die Beziehung zu Nicholas gibt Page die nötige Geborgenheit. Ihre Mutter hatte sie im Alter von fünf Jahren verlassen, was eine tiefe Verletzung hinterließ. Die Geburt ihres Sohnes weckt in Page jedoch die alten Ängste: Kann sie überhaupt eine gute Mutter sein? Sie fühlt sich gezwungen, ihre eigenen Wünsche komplett zurückzustellen. Emotional und physisch völlig erschöpft und unfähig, sich ihrem Mann mitzuteilen, verlässt sie schließlich ihn und das Baby, um nach ihrer Mutter zu suchen, in der Hoffnung, bei ihr die Antworten auf ihr Leben zu finden…

Zitat:
Als ich einfach an der Ausfahrt vorbei fuhr, nahm ein Plan in meinem Kopf Gestalt an. Ich würde nicht lange wegbleiben. Nur bis ich eine ganze Nacht würde durchgeschlafen haben können. Nur bis ich mich als Mutter gut genug fühlte. Nur bis mir nicht mehr nach ein paar Zeilen die Ideen ausgingen, wenn ich eine Liste der Dinge aufstellen wollte, die ich konnte. Wenn ich wieder zurückkam, würde ich auf alles eine Antwort haben. Ich würde ein ganz neuer Mensch sein.
(S. 306)

Kommentar:
Als die unreife Paige, die einfach nicht weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen will, den jungen Medizinstudenten Nicholas kennen lernt, verliebt sie sich sofort in ihn. Für ihn gibt sie ihre Träume auf und sie heiraten recht schnell und bekommen schon bald einen kleinen Sohn. Paige ist mit ihrer kleinen Familie heillos überfordert und sucht fortan nach Antworten. Dafür verlässt sie ihre Familie …

Ich habe in der Vergangenheit bereits mehrere Bücher von Jodi Picoult gelesen, die mich zum größten Teil sehr begeistert haben. Von daher war ich sehr gespannt auf „Und dennoch ist es Liebe“ und habe mich auf dieses Buch gefreut, wurde aber leider eher enttäuscht.

Das Buch wird abwechselnd aus der Sicht von Paige und Nicholas geschrieben, wobei Page sich direkt weinerlich an den Leser wendet. Nicholas Sicht wird eher etwas distanzierter beschrieben.

Angefangen hat dieses Buch eigentlich ganz gut, die ersten ca. 100-150 Seiten habe ich recht schnell gelesen, aber irgendwie hatte ich dann später das Gefühl, die Geschichte würde sich auf der Stelle bewegen und nicht weiter entwickeln.

Picoult schreibt ganz gut, keine Frage, aber hier hat sich die Autorin meiner Meinung nach etwas verrannt, so dass ich einfach nicht mehr den Drang hatte weiter zu lesen und mehr zu erfahren. So habe ich für dieses Buch geschlagene fünf Wochen gebraucht und empfand es eher als Quälerei.

Die Figuren, vor allem die Figur des Nicholas, entwickeln sich einfach kaum weiter. Stillstand auf über 600 Seiten.

Mit Paige, der weiblichen Protagonistin konnte ich mich nicht identifizieren und auch keine wirkliche Sympathie empfinden. Da ich selbst Mutter bin, kann ich einfach nicht begreifen, wie eine Mutter ihr Kind einfach allein lassen kann, selbst nicht, wenn sie selbst etwas so sehr plagt wie es bei Paige der Fall war. Als Mutter ist man natürlich ab und an Mal etwas überfordert, vielleicht wächst einem auch Mal einiges über den Kopf, das hat die Autorin hier auch recht gut gezeigt, aber das war es dann auch schon.

Zum Schluss wird es dann noch einmal etwas spannend, aber irgendwie kommt diese Spannung einfach zu übertrieben und wenig glaubhaft rüber.

Insgesamt auf jeden Fall eines der schlechteren Bücher der Autorin. Ich habe mir viel mehr erhofft, vor allem, nachdem ich von anderen Büchern von Jodi Picoult so begeistert war. „Und dennoch ist es Liebe“ konnte mich leider nicht überzeugen und so kann ich leider nicht mehr als zwei Sterne vergeben.

 

Meine Wertung:
RegenbogenRegenbogen

Flamingos im Schnee – Wendy Wunder

flamingosimschnee

Goldmann Verlag
Gebundene Ausgabe
ca. 352 Seiten
17,99 Euro
März 2013
Originaltitel: The Probability of Miracles
ISBN: 3442313236

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Inhalt (lt. amazon.de):
Dieses Buch wird dich zum Lachen und zum Weinen bringen und dazu, das Leben zu lieben.
Campbell Cooper würde gern ein normales Leben führen, aber die Diagnose Krebs hat ihr den Alltag genommen. statt sich wie jeder andere Teenager in ihrem Alter zu vergnügen, verbringt sie Tage und Wochen im Krankenhaus. Ihre Chancen stehen schlecht, das weiß sie, und an Wunder hat sie noch nie geglaubt. Ihre Mutter ist da anders. Als diese von einer Stadt in Maine hört, in der auch die unmöglichsten Dinge wahr werden, packt sie Campbell und den halben Hausstand zusammen und macht sich auf den Weg dorthin. Und tatsächlich gibt es in Promise Merkwürdiges zu sehen: Schnee im Sommer, Regenbogen ohne Regen und eine Schar Flamingos. Doch Campbell lässt sich so schnell nicht überzeugen. Erst als sie Asher kennenlernt und langsam beginnt, ihr Leben wieder zu genießen, scheint fast alles möglich …

 Zitat:
Sie sah gleich, dass sie anders war als die Perrys. Sie hatte keinen, hübsch, rot gemusterten Rand, und als sie sie herausziehen wollte, war es, als würde der Swami sie zurückhalten. Er wollte sie einfach nicht loslassen. Cam zog fester, mit beiden Händen, aber das verflixte Ding löste sich nicht. Sie stemmte einen Fuß gegen die Maschine und zerrte mit aller Kraft. Als die Karte endlich herauskam, fiel sie auf den Hintern. Sie starrte darauf. Sie hielt ein leeres Stück Papier in der Hand. (S. 66)


Kommentar:
Die junge Campbell Cooper ist unheilbar an Krebs erkrankt. Als nach sieben Jahren Therapie selbst die Ärzte nicht mehr weiter wissen, fahren ihre Mutter und ihre jüngere Schwester mit Cam nach Maine in die wundersame Stadt Promise, die für ihre Wunder bei wenigen Eingeweihten bekannt sein soll. Sie erhoffen sich dort das Wunder der Heilung für ihre Tochter und Schwester. Tatsächlich trifft Cam auf einige verwunderliche Dinge in Promise, zum Beispiel die Ankunft der Flamingos, die in Maine so ganz fehl am Platz sind und zunächst sieht auch alles ganz gut aus und Campbell scheint es besser zu gehen…

„Flamingos im Schnee“ ist eine wundersame und schöne, gleichzeitig aber auch eine sehr merkwürdige Geschichte und der erste Roman der Autorin mit dem thematisch passenden Namen Wendy Wunder.
Auf knapp 350 Seiten, beschreibt die Autorin in knapp 37 Kapiteln die Geschichte der jugendlichen Hauptfigur Cam. Cam ist ein recht pessimistischer und nicht unbedingt sympathischer Typ. Sie verliert sich häufig in Sarkasmus, aus dem immer mal wieder ihre eigentliche Verzweiflung hervor blitzt. Wunder beschreibt Cams Geschichte und Leidensweg recht einfühlsam, vor allem aber erschien mir die Wende in Cams Leben, die sie zu einem positiveren Menschen werden lässt, gut nachvollziehbar. Trotzdem bleiben einem alle Figuren die ganze Geschichte eher fern und unnahbar. Ich konnte mich während des gesamten Lesens nicht wirklich mit einer der Figuren anfreunden oder auch nur wirklich mitfühlen, ich konnte einfach insgesamt keine wirkliche Beziehung zu diesem Buch aufbauen.

Die Handlung an sich ist ein wenig konfus und verrückt. Ich weiß ehrlich nicht, wie man auf solche komischen Handlungen kommen kann, aber so war es mal etwas anderes als immer die gleichen ’normalen‘ Umstände.
Die Quintessenz dieses Buches ist wohl die Aussage, dass ein Leben lebenswert ist, solange man kann. So findet selbst Cam in ihrer ausweglosen Situation ja doch noch Dinge, für die es sich zu leben lohnt und die ihr wichtig werden und Spaß machen. Meiner Meinung nach reicht dies allein allerdings nicht, um hieraus ein wirklich überragendes Buch zu machen. Gerade nach „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von John Green, welches ja eine sehr ähnliche Thematik behandelt, liegen hier die Erwartungen sehr hoch und lassen sich leider nicht ganz „Flamingos im Schnee“ erfüllen. Trotzdem ist dies hier ein toller und lesenswerter Roman, der insgesamt gesehen viel Spaß gemacht hat. Ich vergebe hier noch 3,5 Sterne, die ich auf 4 Sterne aufrunde.

Frettnapf – Murmel Clausen

frettnapf

Heyne Verlag
Taschenbuch Ausgabe
ca. 256 Seiten
8,99 Euro
April 2013
ISBN: 3453410173

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Inhalt (lt. amazon.de):
Totstellen ist auch keine Lösung – Frettchen, die Zweite
Mit der mittelhochschwangeren Jessi an seiner Seite realisiert Jens Fischer, dass er in seinem Leben doch etwas mehr verändern muss als nur den Mitbewohner. Ärgerlich, dass er das erst begreift, als Jessi mit gepackten Koffern vor ihm steht, um für ein paar Tage zu ihrer Trauzeugin zu ziehen. Jens schiebt Panik: Will sie ihn verlassen? Verzweifelt versucht er, eine Basis für seine zukünftige Familie aufzubauen, doch sein Scheitern ist programmiert.

 

Zitat:
Ihn daran zu erinnern, dass er biologisch Vater wird und ruhig etwas mehr Interesse an dem Kind zeigen könnte, das ich für ihn mit Jessi groß ziehen möchte, verkneife ich mir. (S. 111)


Kommentar:
Kurz vor der geplanten Hochzeit dreht Jens leicht durch, woraufhin seine hochschwangere Freundin Jessi sich eine kurze Auszeit erbittet um ihre Beziehung zu überdenken. Jens, der nun ständige Angst hat, dass Jessi ihn verlassen könnte und außerdem selbst erkennt, dass er sein Leben so nicht mehr im Griff hat und so auch nicht weiter machen will, versucht verzweifelt Wege aus seiner Krise zu finden und seine Freundin wieder zurück zu gewinnen.

Murmel Clausen hat nach „Frettsack“ mit „Frettnapf“ hier den zweiten Teil rund um die Figur Jens Fischer geschrieben. Den ersten Teil zu kennen ist nicht zwingend notwendig, in diesem zweiten Teil gibt es genügend Hinweise darauf, was im ersten Teil gelaufen ist.

Auch der zweite Teil ist wieder gelungen, voller Komik und einfach erfrischend flüssig geschrieben. Jens ist zwar eine Figur, die teils auch wirklich nervt, denn bei vielen Handlungen kann man sich als Leser einfach nur an den Kopf fassen, aber genau das macht natürlich auch den Witz aus. Insgesamt entwirft der Autor seine Figuren hier allesamt recht liebevoll, mal mit mehr, mal mit weniger stereotypischen Eigenschaften, was allerdings für einen humoristischen Roman durchaus gern gesehen ist, wie ich finde.

Messen spielen in diesem Roman eine große Rolle. Zu Beginn des Buches besuchen Jens und Jessi zusammen eine Hochzeitsmessen und lassen sich über die dortigen Erlebnisse in aller Ehrlichkeit aus. Generell trägt jedes Kapitel den Titel einer Messe mit einer kurzen Info dazu, zB. einem Motto, Daten oder anderen Fakten.

Das überwiegende Thema in diesem Buch sind Zukunftsängste, so wie sie wahrscheinlich heutzutage leider jeder kennt – mehr oder weniger. Dieses ernstzunehmende Thema wird hier locker und humoristisch aufgearbeitet, so dass man beim Lesen vielleicht selbst ein paar eigene Frettnäppchen erkennt, in die man selbst schon einmal getreten ist.

Ein wirklich gelungener Roman, voller Herz und Humor! Mich hat es voll mitgerissen, mich hat er getroffen und ich freue mich schon darauf, vielleicht bald mehr von Jens und seine zukünftigen Vaterpflichten zu lesen. Zumindest, wenn der Autor sich entschließt nicht in den Frettnapf zu treten und seiner Leser an dieser Stelle hängen zu lassen!

Falken – Hilary Mantel

falken

Dumont Verlag
Gebundene Ausgabe
ca. 479 Seiten
22,99 Euro
Februar 2013
Originaltitel: Bring up the bodies
ISBN: 3832196986

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Inhalt (lt. amazon.de):
„Sieh meinen Sohn Thomas böse an, und er sticht dir ein Auge aus. Stell ihm ein Bein, und er schneidet es dir ab“, sagt sein Vater über den jungen Cromwell. 35 Jahre später hat Thomas Cromwell die bescheidenen Verhältnisse des Elternhauses hinter sich gelassen. Sein Aufstieg am Hofe von Henry VIII verläuft parallel mit dem von Anne Boleyn, Henrys zweiter Frau, deretwegen dieser mit Rom gebrochen und eine eigene Kirche gegründet hat. Doch Henrys Verhalten hat England ins Abseits manövriert, und Anne konnte ihm keinen Thronfolger gebären. In Wolf Hall verliebt sich der König in die stille Jane Seymour. Cromwell begreift, was auf dem Spiel steht: das Wohl der gesamten Nation. Im Versuch, die erotischen Fallstricke und das Gespinst der Intrigen zu entwirren, muss er eine „Wahrheit“ ans Licht bringen, die Henry befriedigen und seine eigene Karriere sichern wird. Doch weder Minister noch König gehen unbeschadet aus dem blutigen Drama um Annes letzte Tage hervor. Falken ist die kühne Vision einer Tudor-Gesellschaft, deren Schatten bis in unsere Zeit reicht. Und es ist das Werk einer großen Autorin auf der Höhe ihres Könnens.

 

Zitat:
Sein Vater Walter sagte immer: “Sieh meinen Sohn Thomas böse an, und er sticht dir ein Auge aus. Stell ihm ein Bein,  und er schneidet es dir ab. Aber wenn du ihm nicht querkommst, ist er sehr zuvorkommend. Und er zahlt allen ein Glas.” (S. 16)


Kommentar:
Mit „Falken“ hat Hilary Mantel den zweiten Teil ihrer Trilogie rund um Thomas Cromwell am Hofe Heinrich VIII. hervorgebracht. Ebenso wie bereits der erste Teil „Wölfe“ hat Mantel auch für diesen zweiten Teil den englischen Booker-Preis gewonnen. In ihrem Roman beschreibt sie die Ereignisse zwischen 1535 und 1536, den tiefen Fall Anne Boleyns, die von Jane Seymour abgelöst wird, wie sie bereits in vielen anderen Büchern aufgearbeitet wurde.

Was also ist an diesem Buch so besonders, dass die Autorin als eine von dreien auf der Welt gleich zwei mal den renommierten Booker-Preis dafür bekommen hat? Schwierige Frage. Ich möchte behaupten, man versteht es, wenn man dieses Buch gelesen hat, denn es ist mehr als lediglich ein historischer Roman mit vielen Auflistungen von Fakten. Dieser Roman geht vielmehr an die Substanz, er ist emotional. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Fakten in diesem Buch nicht stimmen, denn wenn man genauer nachrecherchiert, dann wird man feststellen, dass alles stimmt. Wie die Autorin selbst über ihre Bücher sagte, ist die Wahrheit an der sie sich bedient umsonst und so wird nur wenig hinzu gedichtet.

Auch „Falken“ wird aus der Sicht von Thomas Cromwell erzählt, der sich mittlerweile bis an die Seite des Königs ganz nach oben vorgearbeitet hat. Cromwell wird die meiste Zeit als netter und väterlicher Typ beschrieben, der sich allerdings voll und ganz seinem König verschrieben hat und für diesen auch skrupellos wird und weiterhin über Leichen geht.
Hilary Mantel versteht es perfekt hier eine wirklich durchdringende Geschichte aus neuer Perspektive zu erzählen. Trotzdem handelt es sich bei diesem Buch um keine leichte Kost, das Buch fordert den Leser und seine Konzentration schon, aber auch wenn es lange dauert, so lohnt sich wirklich jede Stunde die man mit dem Lesen dieses Romans verbringt.

Teilweise verliert sich die Autorin hin und wieder in allzu vielen Dialogen und Monologen, was ein wenig anstrengend zu lesen ist, hier wäre ich um ein paar minimale Kürzungen schon glücklich gewesen, aber insgesamt ist dieses Buch eine wirklich meisterhafte Gesamtleistung mit hoher erzählerischer Dichte.

Wer sich nicht scheut einen wirklich tollen historischen Roman zu lesen, der gut recherchiert ist und dennoch viele Emotionen zu transportieren vermag, und den es nicht stört ein wenig länger bei einem Buch zu verweilen, der ist mit Falken sicherlich gut bedient. Für alle, die mit den historischen Fakten nicht so sehr vertraut sind, für den lohnt sich ein Blick ans Ende des Buches, denn dort warten ein Personenverzeichnis und auch ein Stammbaum.

Insgesamt vergebe ich hier vier Sterne, weil ich das Buch zwar wirklich großartig fand, aber auch ein wenig anstrengend. Dennoch eine klare Leseempfehlung für jeden, der interessiert ist.

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner – Edward Kelsey Moore

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Limes Verlag
Gebundene Ausgabe
ca. 448 Seiten
19,99 Euro
März 2013
Originaltitel: The Supremes at Earl’s All-You-Can-Eat
ISBN: 3809026239

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Inhalt (lt. amazon.de):
All-You-Can-Read – ein köstliches Debüt, das auf der Zunge zergeht!
Seit fast vierzig Jahren gehen die drei Freundinnen Odette, Clarice und Barbara Jean miteinander durch dick und dünn. Und ungefähr genauso lang ist das Dreiergespann nur als die »Supremes« bekannt. Jeden Sonntag treffen sie sich gemeinsam mit ihren Ehemännern in Earl’s Diner, wo sie einst ihren Spitznamen erhielten. Unter den wachsamen Augen von Big Earl, dem Besitzer des Diners, wuchsen sie zu dem heran, was sie heute sind: drei kluge, witzige und starke Frauen. Und auch nach seinem Tod hat Big Earl weiterhin ein Auge auf seine »Supremes« – so wie auch andere gute Geister, denn dem Charme dieser außergewöhnlichen Ladys kann einfach niemand widerstehen …

 

Zitat:
Und dann hätte ich noch gesagt: “Wir sind schon zu lange befreundet, als dass wir uns über so einen belanglosen Quatsch Gedanken machen müssten, Schwester. Also vergiss es einfach.” (S. 390)


Kommentar:
Dieses Buch erzählt die Geschichte dreier Freundinnen. Odette, Clarice und Barbara Jean sind drei völlig unterschiedliche Frauen wie sie verschiedener kaum sein könnten. Sie kennen sich seit Schultagen und sind die besten Freundinnen. Jede für sich und auch alle gemeinsam haben schon viele Schicksalsschläge erlebt. Clarices Mann betrügt sie dauernd, Odette kann seit kurzem die Geister Verstorbener sehen und Barbara Jean hat vor Jahren ihren Sohn verloren. Dies sind nur einige der Erlebnisse, mit denen die in die Jahre gekommenen Freundinnen in ihrem Leben fertig werden mussten. Als sich eines Tages kurz hintereinander zwei Todesfälle ereignen, von denen die Freundinnen sehr betroffen sind, sind sie immer noch für einander da…

Durch die begeisterte Leserstimme einer Bekannten bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden. Der Titel ist zwar erst einmal ein wenig nichtssagend, gefiel mir aber und das Cover fand ich wirklich gelungen, vor allem die Farbgebung gefällt mir sehr. Der Gesamteindruck hat einfach gepasst und ich wurde neugierig. Und insgesamt wurde ich überhaupt nicht enttäuscht.

„Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner“ ist ein wirklich, wirklich tolles Buch! Es ist das Erstlingswerk des Autors Edward Kelsey Moore und damit hat er direkt ins Schwarze getroffen. Er schreibt mal aus der Sicht von Odette aus der Ich-Perspektive und mal aus der auktorialen Perspektive. So bekommt der Leser alles wissenswerte mit und versteht durch die Ich-Perspektive Odettes Geisterscheinungen besser, denn das fand ich am Anfang etwas verwirrend, aber man hat sich schnell daran gewöhnt und dann ist es einfach herrlich komisch wie Odette mitten zwischen ihren lebenden Freundinnen in Earl’s Diner sitzt und sich die beißenden Kommentare der Verstorbenen anhört, die mit ihr sprechen.

Es geht also um das Leben der drei Freundinnen, was durchaus realistisch ist, wenn man mal von Odettes Gabe Geister sehen zu können absieht. In vielen Rückblicken erfahren wir die wichtigsten Eckdaten ihrer Leben, angefangen von ihrer Geburt, über ihre Kindheit bis hin zu ihren Hochzeiten, Kindern und dem Alter. Ein ganz interessanter Punkt für mich war, dass sich vieles davon in den 60er und 70er Jahren abspielte, wo es in Amerika für die Farbigen noch schwierig war, sie keine Ehen mit Weißen eingehen durften und auch sonst wenig wertgeschätzt wurden. Über solche Fakten wird in diesem Buch so nebenbei erzählt, Gesellschaftskritik schwingt hier also immer mit, wird aber nicht zu laut. Im Gegenteil, die Erzählung ist sehr herzerwärmend und erzählt von einer wirklich ehrlichen und liebevollen Freundschaft, wie sie sicherlich jeder gerne erleben würde.

Ich bin von diesem Buch wirklich sehr angetan und auch wenn das Jahr noch jung ist, sehe ich dieses Buch bereits jetzt als eines meiner Jahreshighlights. Es war einfach eine überwältigende und erfrischende Lektüre. Volle Punktzahl für Moores Debüt!

1000 Gefühle für die es keinen Namen gibt – Mario Giordano

1000gefuehlefuerdie-eskeinennamengibt

Berlin Verlag
Gebundene Ausgabe
ca. 240 Seiten
14,99 Euro
Februar 2013
ISBN: 3827011248

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Danke an den Berlin Verlag für dieses Buch!

Inhalt (lt. amazon.de):
Schon mal gespürt: den Tatendurst nach dem neuen Haarschnitt? Oder die Eifersucht auf den gesegneten Schlaf des Lebenspartners? Die Lust beim Aufploppen der Knisterfolie? Die Erleichterung, endlich mal Nein gesagt zu haben? Oder das Glück beim ersten Blick aufs Meer? Mario Giordano öffnet ein Kabinett der 1000 Gefühle, für die es keinen Namen gibt – magisch, melancholisch und ein bisschen weise. Sie rühren uns zu Tränen und rauben uns den Schlaf, manchmal überwältigen sie uns oder lassen uns, für Momente, einfach nur glücklich sein: all jene Gefühle, die wir allzu genau kennen, für die es aber keinen Namen gibt. Mario Giordano hat sie alle in diesem Buch versammelt: vom Glück, ohne Gepäck zu reisen, und der Ohnmacht bei lustigen Hochzeitsspielen bis hin zum flammenden Zorn beim Warten in der Hotline. Es sind die großen und die erhabenen Gefühle dabei, die kleinen und die fiesen, Kindergefühle und Elterngefühle, italienische Gefühle und katholische Gefühle, Männergefühle und Mädchengefühle, Fußballgefühle und Vespagefühle, berühmte Gefühle und Friseurgefühle, Triumphgefühle und gemischte Gefühle, Sommergefühle und Nachtgefühle: ein Buch wie ein kleines Wunder!

Kommentar:
Ein Besuch in sein eigenes Innerstes …

Von Mario Giordano habe ich bislang nur über seinen Vatikan-Thriller gehört und war deswegen überrascht seinen Namen in Verbindung mit diesem Buch zu hören, das mich von der Beschreibung her wirklich sehr interessiert hat. Umso neugieriger war ich auf dieses Buch und darauf, was mich erwarten würde.

Hier angekommen war ich erst einmal von der optischen Aufmachung angetan. Es hat ein sehr handliches Format und kommt mit gleich zwei Lesebändchen in verschiedenen Farben daher. Sehr passend, auch um seine Lieblingspassagen zu markieren, obwohl es dazu wohl noch viel mehr Lesebändchen bedurft hätte. Ansonsten ist dieses Buch äußerlich optisch recht unauffällig. Weiße und gelbe Schrift, geprägt in Grau.

Im Inneren findet man zunächst einen kleinen Vorschlag zum Gebrauch dieses Buches, denn anders als bei den meisten anderen Büchern muss man dieses Buch nicht von Anfang bis zum Ende lesen, sondern kann mittendrin beginnen, am Ende oder wild umher springen, es dem Zufall überlassen oder oder oder… Es folgen danach auf über 200 Seiten insgesamt 1000 kurze Sätze mit Gefühlsbeschreibungen und am Ende noch einmal ein Register all dieser.

Ich habe mittlerweile zwar einmal alle 1000 Sätze Giordanos gesammelter Gefühle ohne Namen gelesen, das heißt aber noch lange nicht, dass ich mit diesem Buch fertig bin. Dieses Buch ist kein Buch, das man zur Hand nimmt, an einem Nachmittag liest und dann damit abgeschlossen hat. “1000 Gefühle für die es keinen Namen gibt” ist ein Buch für immer. Für immer wann einem danach ist.

Die meisten Menschen werden mit den meisten beschriebenen Gefühlssituationen etwas anfangen können, weil sie es bereits selbst einmal erlebt haben, und gerade das macht dieses Buch zu etwas besonderem. Giordano beschreibt nichts Fremdes und Unbekanntes, sondern normale Dinge, die jeder kennt, an die man selbst aber vielleicht schon lange nicht mehr gedacht hat.

Ich habe mich beim Schmökern in diesem Buch so oft an eigene Erlebnisse meines Lebens erinnert, dass ich eigentlich auf nahezu jeder Seite mehrmals Pause machen musste um einfach in diesen Erinnerungen schwelgen zu können. Vielleicht klingt das jetzt so, als müsste man schon alt sein und viel erlebt haben, um so mit diesem Buch fühlen zu können, aber dem ist nicht so, erinnern kann sich jeder. Sowohl an Schönes, als auch an peinliche oder schlimme Situationen.

Teils hatte ich das Gefühl, als würde ich mich auf eine Reise in meine innerste Gefühlswelt machen, viele meiner prägendsten Momente noch einmal erleben. Wahnsinn, dass ein Buch so etwas hervorzurufen vermag.

Auch wenn ich von Beginn an sehr interessiert war an diesem Buch, habe ich mir nicht vorstellen können, dass es so eine große Wirkung haben könnte, geschweige denn würde.

Ein wirklich wunderschönes Buch, das eigentlich jeder Mensch haben sollte, der sich auch einmal gerne einfach nur mit sich und seinen eigenen Gedanken beschäftigt.

Nicole Wagemann

Dornentöchter – Josephine Pennicott

dornentoechter List Verlag
Gebundene Ausgabe
ca. 400 Seiten
19,99 Euro
September 2012
ISBN: 3471350861

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Inhalt
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Als Sadie in das alte Cottage ihrer Familie in Tasmanien zieht, hofft sie auf einen Neubeginn. Doch das schöne Haus hat ein Geheimnis. Vor Jahrzehnten starb dort Sadies Großmutter auf mysteriöse Weise. Ist die Zeit reif, das Rätsel zu lösen? Über Generationen hinweg hat die Familie geschwiegen, nun will Sadie endlich die Wahrheit ans Licht bringen. Sie dringt tief in die Vergangenheit ein und kommt dabei auch ihrem Traum von einem Leben voller Liebe und Vertrauen näher.

Kommentar:

Als Sadies Großmutter stirbt, zieht Sadie mit ihrer Tochter Betty nach Pencubitt in Tasmanien ins alte Haus ihrer Familie. Schnell ist klar, dass irgendetwas in diesem Haus nicht stimmt. Spukt es etwa in Poets Cottage? Und haben die aktuellen Ereignisse etwas mit der schlimmen Familiengeschichte zu tun? Sadies Großmutter Pearl wurde nämlich vor vielen Jahren in diesem Haus ermordet, der Mörder jedoch nie gefasst. Da Sadie gerade eh für ein Buch über ihre berühmte Großmutter recherchiert, versucht sie auch gleich noch herauszufinden, wer Pearl wohl damals umgebracht haben könnte…

Das Buch „Dornentöchter“ ist weiß optisch zu gefallen. Idyllische Blumenranken und ein hübsches Cottage zieren das Cover. Ganz so idyllisch ist die Geschichte allerdings nicht. Kaum jemand in diesem Buch ist wirklich zufrieden, geschweige denn optimistisch. Durch die gesamte Geschichte zieht sich eine recht negative Grundstimmung. Alle Figuren sind irgendwie labil, merkwürdig, krank. Sowohl in der gegenwärtigen Erzählung, als auch in der Vergangenheit.
Die Geschichte wird nämlich in zwei Zeitebenen erzählt. Die eine Ebene gibt die gegenwärtige Suche Sadies nach dem Geheimnis ihrer Großmutter wieder. Wir lernen Sadie kennen und außerdem noch ihre Tochter Betty, ihren Ex-Mann Jack und seine Freundin, die Tante Thomasina und auch noch die alte Birdie, die vor vielen, vielen Jahren eine Freundin Pearls war und ein Buch über sie geschrieben hat. Der zweite Erzählstrang ist ein Manuskript des Buches, was Birdie damals geschrieben hat, die unzensierte Fassung, die Sadie liest. So erfahren wir alles über die damaligen Ereignisse in Pencubitt.

Trotz der negativen Grundstimmung hat mir das Buch gefallen und ich hatte besonders nach der Hälfte auch immer wieder den Drang weiter zu lesen, um zu erfahren, was es nun mit dem Mord an Pearl auf sich hatte. In der ersten Buchhälfte habe ich noch viel häufiger Pausen gemacht, weil es mir dann doch ab und an zu viel wurde und ich lieber wieder etwas fröhlicheres lesen wollte.

Der Schreibstil von Josephine Pennicott gefiel mir sehr, er hatte etwas leichtes, träumerisches.
Insgesamt eine schöne und unterhaltende Geschichte, die ich nicht bereue gelesen zu haben. Drei gute Sterne insgesamt, denn schön war es zwar, aber nicht außergewöhnlich überragendes.