Oetinger Verlag |
Inhalt
(lt. amazon.de):
Jazz und Milan. Zwei junge Menschen in Berlin. Zwei Geschichten. Zwei Perspektiven. Die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Jazz kennt Milan, den etwas seltsamen Tellerwäscher aus der Kantine des Tagesspiegel, nur ganz flüchtig. Doch für Milan ist Jazz alles. »In jeder Nacht sitze ich hier und schreibe an sie. An sie, deren Namen ich nicht einmal kenne. Du bist schön wie der Mond.« Milan ist besessen von Jazz und schleicht sich nach und nach in ihr Leben …
Gewähltes Zitat
»Und als das Lamm das siebente Siegel auftat, entstand eine Stille im Himmel, etwa eine halbe Stunde lang.
Verberget uns vor dem Zorn des Lammes! Denn es ist gekommen der große Tag seines Zorns, und wer kann bestehen?«
Das Lamm wird immer unterschätzt. Niemand hält es für möglich, dass es einmal zornig werden könnte. Aber wie mag er aussehen, der große Tag seines Zorns?(S. 150)
Meine Meinung
Jazz, eigentlich Jasmin, löst sich nach einer recht traumatischen Kindheit, in dem sie ihren Bruder verlor, endlich von ihren klammernden Eltern und zieht alleine nach Berlin. Einen Job findet sie schnell, wirklichen Anschluss eher weniger.
Milan bricht aus der Anstalt aus, in der er saß und lebt fortan alleine in einem verwitterten Haus. Eines Tages trifft er Jazz, in die er sich verliebt und die er von nun an stalkt. Er geht sogar so weit jemanden umzubringen, nur um dessen Job zu ergattern, denn genau dort arbeitet auch Jazz.
Eines Tages kommen die beiden ins Gespräch und die nichtsahnende Jazz freundet sich mit dem verwirrten Milan an. Das Drama nimmt fortan seinen Lauf …
Johannes Groschupf hat es auf nur 190 Seiten fertig gebracht einen ziemlich eindrucksvollen Roman zu schreiben, was ich für so einen geringen Umfang ziemlich beachtlich finde. Aber mal von vorne.
Optisch, das muss ich leider sagen, spricht mich das Buch gar nicht mal so an. Es ist ziemlich verstörend durch die vielen schwarzen Linien und passt somit recht gut zum Inhalt. Durch den rot geschrieben Titel im schwarzen Balken wird noch ein wenig verdeutlicht, dass es sich um etwas ziemlich erdrückendes handeln könnte, was ja auch so ist.
Die Geschichte spielt in Berlin und die Stadt kommt dabei gar nicht gut weg. Ich war viele Jahre lang jedes Jahr ein paar Wochen in Berlin und habe diese Stadt lieben gelernt und konnte sie in den Beschreibungen leider so gar nicht wieder erkennen, obwohl ich weiß, dass Berlin durchaus auch diese beschriebenen Ecken hat. Gut dargestellt fand ich jedoch die Eigentümlichkeit der Berliner selbst. Das hat absolut gepasst!
Geschrieben ist die Geschichte aus der Sicht von Jazz und Milan, die sich Kapitel für Kapitel abwechseln. Dabei ist recht gut rüber gekommen, wie unterschiedlich die Sichtweisen auf ein und das selbe Geschehen ausfallen können. Nun gut, hinzu kommt noch, dass Milan psychisch krank ist, Jazz aber als gesund gilt, obwohl auch sie einiges mitgemacht hat und psychisch leicht angeschlagen ist. Diese unterschiedlichen Sichtweisen fand ich allerdings sehr ansprechend und gerade bei den recht pikanten Szenen auch sehr gut gelungen.
Die Protagonisten, also Jazz und Milan, wurden hauptsächlich durch ihr Handeln und ihre Denkweisen charakterisiert und entsprechend dargestellt.
Milan, der – wie ich bereits erwähnte – psychisch krank ist, konnte mich eigentlich recht gut überzeugen, obwohl ich mich natürlich überhaupt nicht in ihn rein denken konnte. Hier fehlte mir doch ein wenig der Bezug zu seinen Motiven um mir wenigstens irgendwie erklären zu können, wie Milan selbst auf solch abstruse Gedanken kommt, wie er sie selbst hatte, auch wenn es natürlich schwer ist, wenn nicht gar unmöglich, einem psychisch kranken Menschen folgen zu können. Trotzdem hätte ich es ansatzweise gerne versucht.
Jazz ist psychisch auch nicht ganz auf der Höhe, kommt aber mit ihrer Umwelt und der Realität doch gut klar, weswegen sie als psychisch gesund gelten würde. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an dem das mit Milan passiert und sie erneut in eine beängstigende Situation gerät, in der sie mehr als nur die Kontrolle verliert. Auch wenn ich irgendwie schon verstehen kann, wieso Jazz handelt wie sie schließlich handelt, weiß ich nicht wirklich, ob ihr Verhalten noch als normal einzustufen wäre. Wobei ich zumindest zum Ende des Buches schon den Eindruck hatte, dass sie mehr als nur die Ereignisse mit Milan überwunden hätte.
Ein wenig biblischen Bezug gibt es ebenfalls, obwohl mir hier total die Grundlage dafür fehlte, denn ich hatte eigentlich nicht den Eindruck, als wäre Milan oder auch Jazz besonders religiös.
Nach dem Lesen stehe ich jetzt hier und überlege, wie ich dieses Buch denn nun finde. Es hat sich auf jeden Fall gut lesen lassen, manche Szenen waren auch recht eindrücklich beschrieben. Dennoch ist es kein Buch, was mir wirklich unter die Haut ging, trotz des wirklich schwierigen Themas, dafür fehlte mir die emotionale Bindung komplett.
Außerdem fand ich alles zusammen auch ein wenig zu viel und vielleicht auch ein wenig zu gewollt. Hier kam ja nun wirklich alles zusammen. Weniger wäre an der einen oder anderen Stelle vielleicht doch etwas mehr gewesen. So konnte ich mich gar nicht auf einen Punkt konzentrieren, sondern ließ meine Gedanken wild um alles mögliche herumschwirren.
Fazit
Generell ist „Der Zorn des Lammes“ ein Buch, über das man sich viele Gedanken machen kann. Es bietet so viel Potential, dass man gar nicht weiß, worauf man sich nun beschränken sollte oder könnte. Es war eindrücklich, aber nicht emotional fesselnd.
Insgesamt hätte ich mir die Umsetzung ein wenig anders gewünscht und muss auch leider sagen, dass es kein Buch sein wird, dass bei mir noch lange nachwirkt. Trotz allem ist es ein beeindruckendes Werk, dass mich jedoch nicht gänzlich überzeugen konnte. Von mir gibt es vier gute Sterne!
Meine Wertung: