Streetkid: Fluch und Segen, ein Kelly zu sein von Jimmy Kelly und Patricia Leßnerkraus

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Bastei Lübbe Verlag | Broschierte Ausgabe | ca. 256 Seiten | 19,99 Euro | Mai 2017 | ISBN: 978-3453201514

Inhalt

(lt. amazon.de):

In den Neunzigerjahren füllen Jimmy Kelly und seine Geschwister die größten Hallen und Stadien in Deutschland, verkaufen mehrere Millionen CDs und verdienen ein Vermögen. Doch der Erfolg hat seinen Preis: Der „Family“ muss sich jeder unterordnen. Erst nach dem Tod des Vaters, der innerhalb der Familie die Fäden fest in der Hand hielt, schafft Jimmy Kelly den Ausstieg aus der Familienband – und steht vor dem Nichts, denn das Erbe ist weg. In seiner Not besinnt er sich auf seine Wurzeln und zieht wieder als Straßenmusiker durchs Land. In Streetkid erzählt er erstmals, wie er aus seiner größten persönlichen Krise zu seiner wahren Berufung und zu sich selbst findet. Ehrlich, menschlich, sehr persönlich!

Gewähltes Zitat

Ich baute meine Anlage auf und legte mir die Gitarre um. »Ignore the moods, Jimmy.« Ich fing an zu spielen, kaum ein Mensch blieb stehen. Und wenn doch, dann nur auf der gegenüberliegenden Straßenseite, weil es dort kühler war.

(S. 53)

Meine Meinung

Ich war früher in den 90ern bis in die 2000er Jahre hinein großer Fan der Kelly Family und auf etlichen Konzerten. Damals erfuhr man nur recht wenig über die berühmte Musikerfamilie und privates schon gar nicht. Nun, Jahre später, bin nicht nur ich erwachsener geworden, sondern auch die Mitglieder dieser einzigartigen Musikerfamilie. Sie haben gelernt Individuen zu sein und alleine zu agieren. Genau darüber hat nun Jimmy Kelly ein Buch geschrieben. Er beschreibt in seinem Buch die Abnabelung von seiner Familie nach dem großen Erfolg und wie er es geschafft hat seinen eigenen Weg und seine eigene Identität zu finden.

Man kann es sich gar nicht vorstellen, dass die Kelly Family, die in den 90er Jahren Millionen von Platten verkauft, tausende von Konzerten gegeben und Rekorde gebrochen hat, nur wenige Jahre später pleite sein soll. Genau so war es allerdings und so stand Jimmy Kelly Mitte der 2000er Jahre nicht nur ohne Job und ohne seine Geschwister da, sondern auch absolut pleite. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits seine Frau Meike an seiner Seite, ebenso wie zwei kleine Töchter. Und er konnte weder seine Miete bezahlen, noch garantieren, wie in der nächsten Woche das Essen auf den Tisch kommen sollte.

Das ist bestimmt der Alptraum eines jeden Familienvaters, wie man sich vorstellen kann. Aber für jemanden wie Jimmy Kelly, der nie einen festen Beruf erlernt hatte und sich außerdem nie um Geld scheren musste, muss dies ein absoluter Tiefschlag gewesen sein.
Genau so beschreibt er diese Zeit auch. Ich war überrascht ob seiner ehrlichen und offenen Worte. Der Weg dahin fiel ihm aber auch oft nicht leicht und genau das beschreibt er auch.

Jimmy war schon soweit auf der Straße zu spielen, aber trotzdem gestand er in der Öffentlichkeit immer noch nicht, wieso er dies tat, dass er pleite war. Es brauchte erst ein sehr ernüchterndes Ereignis, dass ihn dazu brachte offen zu reden und zuzugeben, dass die Kellys pleite sind, dass vom einigen Ruhm nicht mehr viel übrig war.
Jimmy beschreibt diese Erkenntnis ganz klar und ungeschönt in einem Kapitel dieses Buches. Und man nimmt ihm seine Worte ab.

Jimmy Kelly erzählt hier mit Hilfe von Patricia Leßnerkraus generell nicht wirklich chronologisch. Er erzählt seine Geschichte zwischen dem großen Erfolg der Kelly Family bis hin zum großen Comeback im letzten Jahr häppchenweise in Form von kurzen Kapiteln. Tatsächlich sind diese zum größten Teil chronologisch, aber nicht in der Hauptsache.
Tatsächlich geht es in den vielen Kapiteln um Ereignisse, die ihn wachgerüttelt haben, die ihm geholfen haben auf den Weg zu kommen, den er schlussendlich beschritten hat.

Jimmy ist wieder zurück auf die Straße gegangen und hat sich hart erarbeitet was er sich aufgebaut hat. Er beschreibt seinen Weg nach dem großen Erfolg, als er sich als Opfer eines Systems sah, als er versuchte die Schuld bei jemand anderem zu suchen. Er beschreibt, wie er es geschafft hat aus diesem Sumpf aus Selbstmitleid heraus zu kommen und über seinen eigenen Schatten zu springen. “Ignore the moods” – dieser Spruch wurde zu seinem Motto, was bedeutete, dass er sich einfach zusammen riss, ungeachtet von Wind, Wetter und Launen und einfach sein Ding durchzog. Er erzählt, wie er sich sein neues Leben mit seiner eigenen Band, dem Street Orchestra, aufgebaut hat, wie er wieder auf einen guten und erfolgreichen Weg kam.
Dabei erleben wir auch mit, was Jimmy mit dem titelgebenden Spruch “Fluch und Segen ein Kelly zu sein” meint.

Ich habe dieses Buch als recht emotional erlebt, eben weil ich fand, dass Jimmy hier sehr offen und persönlich seinen Weg schildert und das muss ich ihm hoch anrechnen.
Natürlich spielt auch seine Familie eine Rolle in diesem Buch. Aber nicht nur ausschließlich und genau das ist auch der Grund, warum dieses Buch doch sehr, sehr lange brauchte, bis es endlich erscheinen konnte, denn der erste Entwurf befasste sich zum größten Teil mit der Kelly Family und das sollte es ja eben nicht. Dieses Buch befasst sich mit Jimmy Kelly, dem Streetkid. Es setzt quasi dort ein, wo der große Erfolg der Kelly Family endete und es hört auf, kurz bevor die Kellys sich wieder als Band zusammen fanden.

Jimmy lässt uns in seinen Kopf, lässt uns seinen inneren Wettstreit miterleben und das hat mir sehr gefallen mir Jimmy als Menschen nahe gebracht.

Das Buch ist eine broschierte Ausgabe mit unheimlich vielen, schönen Fotoaufnahmen und einem sehr schönen Vorwort von Thomas Stachelhaus, einem seit Jahren befreundeten Fotografen der Familie und engen Freund.

Fazit

Jimmy Kelly hat mit seinem Buch Streetkid – Fluch und Segen ein Kelly zu sein wahnsinnig private Einblicke in sein Leben gegeben. Wir erleben ihn zu einer Zeit, als er ganz unten war und sich nur mühsam wieder nach oben arbeitete. Sehr persönlich und sympathisch, aber immer menschlich gewährt uns Jimmy hier Einblicke in sein Leben nach dem großen Erfolg der Kelly Family. Nicht nur für Kelly-Fans oder ehemalige lesenswert, sondern für jeden, der ebenfalls seinen inneren Schweinehund zu überwinden versucht und sich selbst finden will.

Meine Wertung

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