All die verdammt perfekten Tage – Jennifer Niven

All die verdammt perfekten Tage

Limes Verlag
Broschierte Ausgabe
ca. 400 Seiten
14,99 Euro
Dezember 2015
Originaltitel: All the bright places
Übersetzer: Alexandra Ernst
ISBN: 978-3809026570

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Inhalt

(lt. amazon.de):

Ein Mädchen lernt zu leben – von einem Jungen, der sterben will…
Ist heute ein guter Tag zum Sterben?, fragt sich Finch, sechs Stockwerke über dem Abgrund auf einem Glockenturm, als er plötzlich bemerkt, dass er nicht allein ist. Neben ihm steht Violet, die offenbar über dasselbe nachdenkt wie er. Von da an beginnt für die beiden eine Reise, auf der sie wunderschöne wie traurige Dinge erleben und großartige sowie kleine Augenblicke – das Leben eben. So passiert es auch, dass Finch bei Violet er selbst sein kann – ein verwegener, witziger und lebenslustiger Typ, nicht der Freak, für den alle ihn halten. Und es ist Finch, der Violet dazu bringt, jeden einzelnen Moment zu genießen. Aber während Violet anfängt, das Leben wieder für sich zu entdecken, beginnt Finchs Welt allmählich zu schwinden…

Gewähltes Zitat

Ich sage ihm, dass es mit meinem Dad zu tun hat, was nicht unbedingt eine Lüge ist, eher eine Halbwahrheit, denn es ist lediglich Teil eines viel größeren Ganzen. »Er will nicht mein Dad sein«, sage ich. Embryo hört ernsthaft und aufmerksam zu, die kräftigen Arme über den kräftigen Brust gekreuzt. Ich bekomme ein schlechtes Gewissen. Ich erzähle ihm noch eine Wahrheit.

(S. 281)

Meine Meinung

Die erste Begegnung zwischen Theodore Finch und Violett verlief so schicksalhaft wie nur möglich und dennoch total unkonventionell, denn beide trafen sich auf dem Glockenturm ihrer Schule und hielten sich irgendwie gegenseitig davon ab zu springen. Finch Violett mehr als sie ihn. Seitdem nähern sich der unbeliebte Außenseiter und die ehemalige Cheerleaderin, die nach einem schweren Autounfall bei dem ihre Schwester ums Leben kam, immer noch nicht wieder ganz im Leben angekommen ist, an. Zunächst widerwillig trifft sich Violett mit Finch, dann immer lieber und gewollter. Während eines gemeinsamen Schulprojekts lernen sie sich immer besser kennen, aber während Violett immer mehr zurück ins Leben findet, driftet Finch immer weiter ab …

Auf All die verdammt perfekten Tage war ich sehr gespannt, wo es doch eine Empfehlung des Verlags war und sich inhaltlich auch wirklich interessant anhörte. Ich habe nur gehofft, dass es nicht nur eine totale Schnulze wird, die nur so vor Emotionen und Mitleid trieft. Das – soviel kann ich jetzt schon sagen – war es glücklicherweise nicht!

Glücklicherweise keine totale Schnulze

Zu Beginn des Buches erleben wir die Handlung die meiste Zeit aus der Sicht von Finch. Theodore Finch ist ein etwas ungewöhnlicher junger Mann, der sich eigentlich in keiner Situation so verhält, wie man es erwarten würde. Er schaut zwar gut aus, benimmt sich aber sowohl wie der Klassenclown, indem er seinen Lehrern immer Widerworte gibt, als auch wie ein absoluter Märtyrer indem er sich verprügeln lässt ohne sich zur Wehr zu setzen. Gleichzeitig ist er aber auch gut in der Schule, auch wenn er immer wieder Tiefpunkte hat, in denen er wochenlang nicht hingeht. Er ist intelligent und auch witzig.
Finch war für mich hier der interessantere Charakter, weil man oberflächlich betrachtet zunächst gar keinen wirklichen Grund sieht, warum er so depressiv ist.

Trotz ähnlicher Probleme sind Finch und Violett gänzlich verschieden

Ganz anders Violett. Sie hat ein schlimmes Erlebnis hinter sich, das sie bislang nicht verarbeiten konnte. Allerdings hat die Menschen, die hinter ihr stehen und die sie auffangen. Nicht zuletzt auch Finch, der sie aus ihrer Resignation zurück ins Leben holt.
Zu Beginn wirkte sie auf mich wie eines dieser oberflächlichen und typischen Highschool-Mädchen, die man aus Teeniekomödien zu Hauf kennt. Doch nachdem wir immer mehr aus der Sicht von Violett lesen konnten, änderte sich meine Meinung ganz schnell, denn Violett war eigentlich doch ganz nett und liebenswert, vor allem, nachdem sie begonnen hatte Finch zu akzeptieren und vor allem auch zu sich selbst zu stehen.

Die Stimmungen spiegeln sich auch in der Erzählweise

Die Geschichte beginnt also eher mit einem aufgeweckten, wenn auch merkwürdigen Finch und einer eher depressiven Violett. Im Laufe der Geschichte wendet sich das Blatt, ohne dass wirklich etwas greifbares passiert wäre, was dies erklären könnte.
Als Leser bekommen wir das nicht nur durch die Erzählung selbst mit, sondern auch dadurch, dass die Passagen, die von Violett erzählt werden immer länger werden und Finchs dafür immer kürzer. Ich finde, dass die Autorin dadurch schön zur Geltung gebracht hat, wie sehr sich Finch plötzlich in sich selbst zurück zieht um seinen eigenen Kampf zu führen.

Schön zu lesen ist auf jeden Fall, wie Finch es in seiner Hochphase schafft, dass Violett wieder Spaß am Leben hat. Die Ausflüge, die die zwei unternehmen sind einfach toll und die Gespräche schon ein wenig philosophisch. Das hat einfach Spaß gemacht, obwohl immer klar war, dass beide zusammen einfach nie glücklich waren. Entweder hat Violett sich noch verschlossen oder Finch hat sich zurück gezogen. Gerade bei ihm war es klar, dass er verzweifelt seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat und keinen Sinn in seiner Existenz sieht.

Suizid und psychische Störungen

Das Hauptthema des Buches ist wohl Suizid, aber ebenfalls bemerkenswert fand ich die Darstellung der psychischen Störung und wie damit umgegangen wurde. Das fand ich alles ziemlich authentisch geschildert. Man merkt auf jeden Fall, dass Jennifer Niven selbst bereits Erfahrungen mit Selbstmord in ihrem Familien- und Bekanntenkreis gemacht hat. Man hat deutlich das Gefühl, dass sie weiß, worüber sie da schreibt.

Das gewisse etwas hat mir dennoch gefehlt

Obwohl ich das Buch wirklich klasse fand – alles war super beschrieben, die Geschichte war toll, die Figuren glaubhabt – fehlte mir dann doch irgendwie das gewisse etwas. Das was, heute wo solche Bücher in den letzten Jahren ja doch ‘in’ waren, einfach anders ist und das Buch zu etwas besonderem macht. Das konnte ich hier nicht unbedingt ausmachen. Ebenso habe ich die Lektüre zwar sehr genossen und war am Ende schon ein wenig in melancholischer Stimmung, aber dennoch konnte mich das Buch nicht so berühren, wie ich es erwartet und irgendwie auch erhofft hatte.

Fazit

Mit All die verdammt perfekten Tage hat Jennifer Niven einen wirklich tollen Roman geschrieben, der mit einer leicht düsteren Stimmung vor allem Jugendliche ansprechen soll. Hier stimmt so viel: die Figuren überzeugen, die Handlung ist spannend und interessant, man kann sich einfach fallen lassen! Dennoch fehlte mir das gewisse Etwas. Das, was mich hätte berühren müssen. Dennoch ein wunderbares Buch und sehr lesenswert!

Meine Wertung

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